Visualisierung Kulturwerkschule

Kulturwerkschule Dresden

Die Kulturwerkschule hat eine Idee von Schule.

Eine Schule für alle Kinder soll es sein, eine Schule, in der Kinder lernen, erfinden, konstruieren, entdecken, experimentieren, spielen, entwickeln, herstellen, verstehen… und eine Schule, die Stadt und Gesellschaft mitgestaltet.

Wie funktioniert ein Gebäude für das individuelle Konzept der Kulturwerkschule?
Wie sieht dieses Schulhaus aus?
Wie wirken die Innenräume?

Auf der Basis der Forschungsergebnisse der Montag Stiftung, in enger Abstimmung mit der Kulturwerkschule sowie in einer Vielzahl von selbstorganisierten Workshops haben wir uns Schritt für Schritt genau damit beschäftigt. „Schülerinnen und Schüler werden künftig eher lernen, wie sie Probleme selbst lösen können, statt fertige Problemlösungen lediglich nachzuahmen.“ (Montag Stiftung: Zeitgemäße Schulen und ihre veränderten Aufgaben) Aus standardisierten Schulgebäuden, die optimal geschnittene Klassenräume entlang von Fluren aneinanderreihen, werden attraktive Lern- und Lebensorte – individuelle räumliche Ressourcen, die den Charakter von Werkstätten und Ateliers aufweisen.

Am Standort Leipziger Straße in Dresden Pieschen plant die Kulturwerkschule einen Neubau für Schulkinder der Klassenstufen 1 bis 6, die hier in altersgemischten Gruppen nach dem eigens entwickelten pädagogischen Konzept lernen werden.

Die Kulturwerkschule hat eine gemeinsame Mitte, die eine wichtige Rolle im Schulalltag spielt. Aus der Überbauung des Abwassersammlers ergibt sich eine eigenwillige Geometrie mit zweigeschossiger Raumhöhe – ein „überdimensionierter“ Windfang mit Kiosk, Sitzelementen und Postbox – im Alltag flexibel und kreativ nutzbar. Direkt an die gemeinsame Mitte schließen im Erdgeschoss der Musiksaal und die Mensa mit Küche sowie die Werkstätten an.

Die Lernflächen in den Obergeschossen werden im Wesentlichen durch die sogenannten „Werkhallen“ geprägt, in denen thematischen „Werkstationen“ wie Lesen, Papier, Gestalten, Bauen, Experimentieren oder Kochen zu Projekten und selbstständigem Lernen inspirieren. Die Stationen werden durch „Foren“ für Austausch der altersgemischten Bezugsgruppen untereinander sowie Differenzierungsräume für die Arbeit in Kleingruppen ergänzt. Für die jüngeren Schulkinder der Klassen 1-3 gibt es noch Klassenräume, die an eine kleinere Werkhalle angrenzen, während die älteren Schulkinder der Klassen 4-6, dem wachsenden Grad der Selbstständigkeit entsprechend, jeden Tag die flexiblen Ressourcen der der großen Werkhalle mit Leben ausfüllen werden.

Intention der Kulturwerkschule ist es auch, in den Stadtteil zu wirken, präsent zu sein. Die Räumlichkeiten der gemeinsamen Mitte im Erdgeschoss sollen extern angemietet werden können. Zunächst wurde das Ziel verfolgt, dass die Fassadengestaltung die kreative Grundhaltung der Kulturwerkschule transportiert. Der vielgestaltige und farbenfrohe Entwurf stieß im Bauausschuss und der Gestaltungskommission der Stadt jedoch auf Widerstand. Hier wurde eine stärkere Anpassung an den gründerzeitlichen Bestand gefordert und gleichzeitig die Stärkung des Charakters als Werkstattgebäude empfohlen.

Die Werkstattfassade entsteht durch die ruhige Reihung großer, einfach gegliederte Fenster. Die geschlossenen Wandflächen erhalten eine Vorsatzschale aus massiven hellen Klinkern sowie Fensterbänke und eine Attikaabdeckung aus Betonwerkstein – eine nachhaltige und haptisch wirksame Konstruktion.
Das Gebäude trägt seiner Funktion als Stadteingang und Auftakt zur Gründerzeitbebauung mit einer städtebaulichen Dominanten im Westteil des Gebäudes Rechnung. Das Mansarddach des östlichen Gebäudeteils nimmt die Traufhöhe und die gründerzeitliche Dachform auf und schließt an die Nachbarbebauung an.

Die Gestaltung der Innenräume folgt ebenfalls der Idee des Werkstattcharakters, der außen ablesbar ist und in das Innere transportiert wird. Als zurückhaltendes und unaufgeregtes Grundthema bleiben die großen Flächen materialsichtig: Beton, Holz, Linoleum, Holzwolle. Objekte und ausgesuchte Flächen erhalten Farbakzente, die einen Kontrast dazu erzeugen. Hierfür bieten sich als Objekte beispielsweise die Treppenskulptur, die Foren, der Kiosk oder auch die Deckenflächen an.

Das Baurecht, insbesondere die Vorschriften für den baulichen Brandschutz in Schulen, halten nicht Schritt mit den Anforderungen an zeitgemäße Bildungsbauten. Wir haben mit dem Prüfingenieur und Prüfsachverständiger für Brandschutz, Prof. Dr.-Ing. Nietzold, ein Brandschutzkonzept entwickelt, das eine „Halle nach Schulbaurichtlinie“ auf alle flexibel nutzbaren Lernflächen im gesamten Gebäude ausdehnt.

Das Grundstück für den Schulneubau in Pieschen ist in der Nähe der Hufewiesen wunderschön gelegen – und gleichzeitig sehr herausfordernd: das Grundstück ist nicht besonders groß, dreieckig geschnitten und grenzt auf seiner Südseite an eine vielbefahrene Hauptverkehrsstraße. Die Schallschutzanforderungen stehen an dieser Stelle einem einfachen Konzept mit freier Lüftung entgegen. Quer über das knappe Grundstück verläuft außerdem ein Hauptabwassersammler, der weder verlegt noch „dauerhaft“ überbaut werden darf.

Auch perspektivisch wird das Grundstück in naher Zukunft nicht an die Fernwärme der Stadt Dresden angeschlossen. Die Wärmeversorgung für die Schule soll daher zukunftsweisend über Wärmepumpen sichergestellt werden. Für deren Betrieb ist es sinnvoll, vor Ort Strom über eine PV-Anlage zu erzeugen. Alle Aufenthaltsräume des Gebäudes sind mechanisch zu be- und entlüften. Nur so lassen sich die Anforderungen an die Raumluftqualität und den Schallschutz an diesem Standort realisieren. Für die flexibel genutzten und über mehrere Geschosse zusammenhängenden Flächen der „Halle nach Schulbaurichtlinie“ konnte zumindest die Absaugung der Abluft am obersten Punkt zusammengefasst werden.

Ort
Dresden
Zeit
Entwurf 2023
Auftraggeber
Kulturwerkschule gGmbH
Leistungsbild
LP 1 - 8